Präsentation zur Vorstellung des neuen Rechtsgutachten zum Non-Punishment-Prinzip

Die Servicestelle hat am 10. Juni einen Online-Fachaustausch zur Veröffentlichung des Gutachtens zum „Non-Punishment-Prinzip“: Rechtsgrundlagen und Anwendung in Deutschland veranstaltet.

Im Zusammenhang mit den Straftaten Menschenhandel, Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung entsteht häufig die Situation, dass die Betroffenen selbst Straftaten begehen, z. B. das Aufenthaltsgesetz betreffend. In Zwangs- und Täuschungssituationen sind die Betroffenen nicht in der Lage, Entscheidungen nach eigenem Willen zu treffen. Das Non-Punishment-Prinzip (§ 154c StPO, NPP) ist ein wichtiges rechtliches Instrument zur Umsetzung der Rechte der Betroffenen. Es wurde mit der EU-Richtlinie 2011/36 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels in europäisches Recht übernommen und ist für alle Mitgliedstaaten verbindlich.  

Aktuell liegen wenige Erkenntnisse über die erfolgreiche Anwendung des NPP in Deutschland vor. Aus diesem Grund hat die Servicestelle gegen Zwangsarbeit ein Rechtsgutachten zur Umsetzung des NPP in Auftrag gegeben. In der Online-Veranstaltung wurden die Ergebnisse des Gutachtens erstmals von den Autoren Prof. Dr. Tillmann Bartsch und Prof. Dr. Joachim Renzikowski vorgestellt und diskutiert. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse von Alia Schwelling vom Berliner Beratungszentrum für Migration und Gute Arbeit (BEMA), Sophia Härtel vom KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. und Christine Höfele, Oberstaatsanwältin Berlin kommentiert. Das Gutachten wird im kommenden Monat beim NOMOS Verlag erscheinen.

Das KFN weist auf Folgendes hin: Die vorläufige Fassung des Gutachtens zum Non-Punishment-Prinzip erweckt bedauerlicherweise den Eindruck, als habe sich die Direktion VII der Generalzolldirektion trotz Nachfrage nicht an der empirischen Studie, die vom KFN für das Gutachten durchgeführt wurde, beteiligt. Dieser Eindruck täuscht. Tatsächlich hat die Direktion VII der Generalzolldirektion unter Einbeziehung mehrerer Hauptzollämter alle ihr übersandten Fragen ausführlich schriftlich beantwortet und dem KFN rechtzeitig übersandt. In der vorläufigen Fassung des NPP-Gutachtens konnten diese Antworten, die die im Gutachten erzielten Ergebnisse unterstreichen und zusätzlich fundieren, vom KFN noch nicht berücksichtigt werden. Sie sind aber in die Abschlussfassung, die in Kürze in der Reihe Edition Seehaus+ im Nomos-Verlag erscheint, eingeflossen.

Die Präsentation der beiden Gutachter Prof. Dr. Tillmann Bartsch und Prof. Dr. Joachim Renzikowski finden Sie nachstehend zum Download.

 

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Workshop: Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung im Nationalsozialismus und heute

In Kooperation zwischen Arbeit und Leben Berlin-Brandenburg und dem Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit findet am 1. Juni der zweite Workshop zu Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung in Nationalsozialismus und heute statt. Der Workshop wurde erstmalig im vergangenen November angeboten.

Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung treten im Lauf der Geschichte in verschiedenen Formen auf. Zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft mussten allein im Deutschen Reich etwa 13 Millionen Männer, Frauen und Kinder unter menschenunwürdigen Bedingungen Zwangsarbeit leisten.

Auch heute kommen Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit in einigen Branchen Deutschlands in großem Umfang vor und dienen als Grundlage ihrer Geschäftsmodelle. Der Workshop nimmt diese Thematiken und ihre Systematik in den Fokus und schärft den Blick für unfreie Arbeitsverhältnisse in ihren historischen und aktuellen Formen.

Der Workshop findet am 1. Juni 2024 von 10:00 bis ca. 17:30 Uhr im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit statt (Britzer Straße 5, 12439 Berlin).

Wir bitten um Anmeldung bis zum 27. Mai und Fragen: Felix Beyer-Buns beyer-buns@topographie.de

Ein Kooperationsprojekt von Arbeit und Leben Berlin-Brandenburg, DGB/VHS e.V. und dem Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit

 

 

Die Bundesland-Übersicht wächst zum Tag der Menschenrechte 

Auf unserem Fachportal finden Interessierte und Fachleute jetzt die richtigen Ansprechpartner*innen in zwölf Bundesländern

Die Bundesland-Übersicht ist eine zentrale Bestandsaufnahme der landesspezifischen Strukturen zum Schutz und zur Unterstützung Betroffener sowie Bekämpfung von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit. Sie umfasst mittlerweile zwölf Bundesländer. Dazu gehören Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Die Bundesland-Übersicht ist ein hilfreiches Instrument für alle Interessierten, die sich schnell einen Überblick oder auch konkrete Kontaktmöglichkeiten zu den Fachstellen verschaffen wollen. Die Gewährleistung der Opferrechte und eine effektive Strafverfolgung der Täter*innen hängt oftmals von einem zielgerichteten und zügigen Handeln ab. Daher müssen die Verfahrenswege und Zuständigkeiten klar und zugänglich geregelt sein.
Neben der Übersicht können Sie über unsere Beratungsstellen-Datenbank direkt nach den Bedürfnissen von Ratsuchenden oder Betroffenen ein entsprechendes Beratungsangebot in Ihrer Nähe finden.

Neben der Einrichtung von Fachberatungsstellen in mehreren Bundesländern hat auch der Zoll die seit der Gesetzesnovelle 2019 vorgesehene Mandatserweiterung durch die Einrichtung von Opferschutzkoordinator*innen in den Hauptzollämtern vorangetrieben. Das zuständige Hauptzollamt der Finanzkontrolle Schwarzarbeit kann über den Dienststellenfinder des Zolls ermittelt werden.

Die Servicestelle bietet für Beratungsstellen, Ermittlungsbehörden oder andere Behörden kostenlose und bedarfsgerechte Schulungen digital oder vor Ort an. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an weidenberg@berlin.arbeitundleben.de .

Weitere Schutzmaßnahmen für Betroffene von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit erforderlich

Neues BKA-Bundeslagebild Menschenhandel 2022: Deutlicher Anstieg bei Betroffenen von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit erfordert weitere Schutzmaßnahmen

Das im September 2023 veröffentlichte Bundeslagebild “Menschenhandel und Ausbeutung” des Bundeskriminalamtes (BKA) berichtet bei Betroffenen von Arbeitsausbeutung einen Anstieg um 593 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei wurden im Berichtsjahr 2022 34 Ermittlungsverfahren mit 1.019 Betroffenen im Bereich Arbeitsausbeutung abgeschlossen, ein Anstieg von 21,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Dieser Anstieg dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass Strafverfolgungsbehörden, insbesondere des Zolls, sensibler und dadurch aktiver in diesem Kriminalitätsfeld sind. Der Anstieg lässt nicht zwingend auf eine generelle Zunahme der Arbeitsausbeutung schließen. Die Servicestelle begrüßt diese Entwicklung. Die Sensibilisierung muss fortgesetzt und ausgeweitet werden auch auf andere Behörden, die Situationen von Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung erkennen können. Nur so kann das Dunkelfeld weiter erhellt werden und betroffene Personen Zugang zu den ihn zustehenden Rechten erhalten.

Expert*innen von Fachberatungsstellen als auch von Strafverfolgungsbehörden bestätigen seit Jahren die große Diskrepanz zwischen den im Bundeslagebild abgebildeten Fallzahlen und dem geschätzten sehr viel größerem Umfang dieser.

Die identifizierten Opfer brauchen Schutz und Unterstützung. Daher muss mit den steigenden Zahlen ein flächendeckender Ausbau von Unterstützungsstrukturen einhergehen. Obwohl gesetzlich vorgesehen, bleiben die betroffenen Personen, oft traumatisiert und ohne Mittel, bisher meist ohne Unterstützung. Es bedarf effizienter und bundesweiter Lösungen, um Unterbringung, Versorgung, psychologische Unterstützung und Aufenthalt dieser Personen sicherzustellen. Bei Fällen von Arbeitsausbeutung müssen insbesondere die Bedarfe männlicher Betroffener und größerer Gruppen berücksichtigt werden.

Seit 2017 trägt die Servicestelle dazu bei, Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit sichtbar zu machen, insbesondere durch Schulungen und Vernetzung aller Behörden und Beratungsstellen, die mit Betroffenen in Kontakt kommen. Außerdem vermittelt die Servicestelle durch Praxismaterialien bessere Kenntnisse von Anzeichen von Arbeitsausbeutung und Zwang. Sie informiert über die besonderen Rechte und Ansprüche Betroffener, beispielsweise mit dem Flyer über Betroffenenrechte zur Wahrung der Informationspflichten von Ermittlungsbehörden.

Das BKA Bundeslagebild “Menschenhandel und Ausbeutung” erscheint jährlich und erfasst die abgeschlossenen Ermittlungsverfahren im Deliktsfeld der §§ 232-233a StGB.

Zum Lagebild “Menschenhandel und Ausbeutung” aus dem Jahr 2022:

Zum Lagebild aus dem Jahr 2021:

Zum Lagebild aus dem Jahr 2020:

Neue Übersicht zu Nationalen Verweismechanismen

Die neue Berichterstattungsstelle analysiert Kooperationsdokumente in den Bundesländern 

Am 18. Oktober, dem Europäischen Tag gegen Menschenhandel, hat die neu eingerichtete Berichterstattungsstelle Menschenhandel des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) eine Übersicht über nationale Verweismechanismen veröffentlicht. Diese Verweismechanismen unterstützen dabei, Betroffene zu schützen und zu unterstützen und ihre Rechte umzusetzen. Sie sind Teil von internationalen Verpflichtungen Deutschlands. 

Diese Mechanismen können beispielsweise in Form von Kooperationsvereinbarungen zwischen Strafverfolgungsbehörden und Fachberatungsstellen umgesetzt werden. Dabei dienen sie als Handlungsleitfaden und regeln Abläufe, u.a. wie Betroffene identifiziert und an die entsprechenden Stellen verwiesen werden können. 

Die Berichterstattungsstelle hat die bestehenden Kooperationsvereinbarungen in den Bundesländern anhand von vier Säulen analysiert, die im 2022 veröffentlichten Handbuch zur Umsetzung von Nationalen Verweismechanismen der OSZE festgelegt sind. Dabei wurde überprüft, ob die zugrunde liegenden Kooperationsdokumente bereits wichtige Kriterien eines nationalen Verweismechanismus erfüllen. 

Diese vier Säulen sind wie folgt strukturiert: 

  1. Identifizierung und Schutz: Die erste Säule konzentriert sich auf die Identifizierung von Menschenhandelsopfern, um ihnen unmittelbaren Schutz zu bieten. 
  2. Individuelle Unterstützung und Zugang zum Hilfesystem: Die zweite Säule sorgt dafür, dass Opfer an die entsprechenden Stellen weiterverwiesen werden, um Zugang zu Unterstützungsdiensten zu erhalten. 
  3. Integration und Förderung: Die dritte Säule legt den Schwerpunkt auf die soziale Integration der Opfer in die Gesellschaft. 
  4. Zugang zum Rechtssystem und Entschädigung: Mit der vierten Säule werden Eckpunkte dafür festgelegt, welche Rechte Betroffenen von Menschenhandel im Strafverfahren gewährt werden sollen und wie sie Entschädigungen beanspruchen können. 

Weitere Informationen zu den Ergebnissen und den daraus resultierenden Empfehlungen finden Sie auf der Website der Berichterstattungsstelle beim Deutschen Institut für Menschenrechte. 

Zu darüber hinaus bestehenden Kooperations- und Koordinationsstrukturen in den Bundesländern können Sie sich in unserer Bundesland-Übersicht informieren. 

 

Neues Arbeit und Leben Magazin “Faire Arbeit? Fehlanzeige! Die Realität mobiler Beschäftigter in Deutschland”

Gemeinsam mit Kolleg*innen von Arbeit und Leben im ganzen Bundesgebiet freuen wir uns die Veröffentlichung unseres neuen Magazins “Faire Arbeit? Fehlanzeige! Die Realität mobiler Beschäftigter in Deutschland” zu verkünden. Es wirft einen vertieften Blick auf die oft prekären Arbeitsbedingungen mobiler Beschäftigter in unserem Land. Diese Arbeitnehmer*innen, die hauptsächlich aus osteuropäischen EU-Ländern stammen, spielen eine entscheidende Rolle in Branchen wie Pflege, Bau, Landwirtschaft, Logistik und vielen anderen. Ohne sie würden wichtige Wirtschaftszweige ins Wanken geraten. Dennoch werden diese Menschen vielerorts ausgebeutet.

Das Magazin bietet umfassende Analysen, Hintergrundberichterstattung und wertvolle Einblicke rund um das Thema mobile Beschäftigte. Entwickelt wurde die Publikation gemeinsam mit den Beratungsstellen von Arbeit und Leben. Diese setzen sich aktiv für gute Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne ein. Sie sind Ansprechpartner für mobile Beschäftigte in allen Fragen rund um ihre Arbeit. Im Rahmen des Beratungsnetzwerks “Gute Arbeit” von Arbeit und Leben, mit 20 Standorten in ganz Deutschland, erfolgt der Austausch von Erfahrungen und die Entwicklung gemeinsamer Initiativen.

Wir wünschen eine anregende und sicherlich nachdenklich stimmende Lektüre.

Die Broschüre steht kostenfrei zum Download zur Verfügung.

Neuer Workshop: Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung im Nationalsozialismus und heute

Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung treten im Lauf der Geschichte in verschiedenen Formen auf. Zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft mussten allein im Deutschen Reich etwa 13 Millionen Männer, Frauen und Kinder unter menschenunwürdigen Bedingungen Zwangsarbeit leisten.

Auch heute kommen Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit in einigen Branchen Deutschlands in großem Umfang vor und dienen als Grundlage ihrer Geschäftsmodelle. Der Workshop nimmt diese Thematiken und ihre Systematik in den Fokus und schärft den Blick für unfreie Arbeitsverhältnisse in ihren historischen und aktuellen Formen.

Der Workshop findet am 18. November 2023 von 10:30 bis ca. 17:00 Uhr im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit statt (Britzer Straße 5, 12439 Berlin).

Wir bitten um Anmeldung bis zum 10.11.2023 unter bildung-sw@topographie.de

Ein Kooperationsprojekt von Arbeit und Leben Berlin-Brandenburg, DGB/VHS e.V. und dem Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit

 

Auf einen Blick: Erkennen von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit in der Saisonarbeit und Pflege

Anlässlich des Welttags für menschenwürdige Arbeit veröffentlicht die Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel zwei neue Flyer. Sie bieten einen Überblick zu Anzeichen von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit in der landwirtschaftlichen Saisonarbeit und in der häuslichen Pflege. Ziel ist es, das Bewusstsein für diese Problematiken zu schaffen und die Fähigkeit zur Identifizierung potenziell Betroffener zu stärken. Denn nur durch rechtzeitiges Erkennen können Betroffene ihre ihnen zustehenden Rechte wahrnehmen. 

Beide Branchen sind wichtig für unserer Gesellschaft – die Pflege älterer Menschen und die Versorgung mit Lebensmitteln. Dennoch finden diese Tätigkeiten oft hinter verschlossenen Türen in Privathaushalten oder auf abgelegenen Landwirtschaftsbetrieben statt. Diese Isolation schafft eine Umgebung, die Ausbeutung und Zwang begünstigen kann. Das macht es Betroffenen schwer, sich aus dieser Situation zu lösen, Unterstützung zu finden oder von Dritten als mögliche Opfer einer Straftat erkannt zu werden. 

In beiden Branchen gibt es eine hohe Anzahl von migrantischen Arbeitskräften, die bereits aufgrund von aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen oder Sprachbarrieren besonders anfällig für ausbeuterische Arbeitsbedingungen sind. Ausbeuter*innen nutzen diese “auslandsspezifische Hilflosigkeit” aus, um Abhängigkeitsverhältnisse zu schaffen und zu verschärfen.  

Mögliche Anzeichen für Ausbeutung und Zwang in diesen Branchen und die spezifischen Situationen, in denen sie auftreten können, werden in den Branchenflyern anhand von Fallbeispielen veranschaulicht. Ausführliche Information zu Ausbeutung und Zwang in diesen oder anderen Branchen enthält die 2. Branchenanalyse über die landwirtschaftliche Saisonarbeit und die häusliche Pflege. Außerdem findet sich hier die 1.  Branchenanalyse zu Paketdiensten und Schlachtbetrieben. 

Zu den Arbeitsbedingungen in der Toilettenreinigung in öffentlichen WCs – zum Beispiel in Einkaufszentren veranstaltet das BEMA ebenfalls zum Welttag für menschenwürdige Arbeit einen Aktionstag. Mehr Infos gibt es bei Facebook und X unter den Hashtags #wddw und #decentworkday.  

Die Flyer können hier heruntergeladen werden oder per Email an info@servicestelle-gegen-zwangsarbeit.de kostenlos bestellt werden.

      

Weitere Ansprechpartner*innen in den Bundesländern sind jetzt online

Auf unserem Fachportal finden Interessierte und Fachleute jetzt die richtigen Ansprechpartner*innen in zwölf Bundesländern

Die Bundesland-Übersicht ist eine zentrale Bestandsaufnahme der landesspezifischen Strukturen zum Schutz und zur Unterstützung Betroffener sowie Bekämpfung von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit. Sie umfasst mittlerweile zwölf Bundesländer. Dazu gehören Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Die Bundesland-Übersicht ist ein hilfreiches Instrument für alle Interessierten, die sich schnell einen Überblick oder auch konkrete Kontaktmöglichkeiten zu den Fachstellen verschaffen wollen. Die Gewährleistung der Opferrechte und eine effektive Strafverfolgung der Täter*innen hängt oftmals von einem zielgerichteten und zügigen Handeln ab. Daher müssen die Verfahrenswege und Zuständigkeiten klar und zugänglich geregelt sein.
Neben der Übersicht können Sie über unsere Beratungsstellen-Datenbank direkt nach den Bedürfnissen von Ratsuchenden oder Betroffenen ein entsprechendes Beratungsangebot in Ihrer Nähe finden.

Neben der Einrichtung von Fachberatungsstellen in mehreren Bundesländern hat auch der Zoll die seit der Gesetzesnovelle 2019 vorgesehene Mandatserweiterung durch die Einrichtung von Opferschutzkoordinator*innen in den Hauptzollämtern vorangetrieben. Das zuständige Hauptzollamt der Finanzkontrolle Schwarzarbeit kann über den Dienststellenfinder des Zolls ermittelt werden.

Die Servicestelle bietet für Beratungsstellen, Ermittlungsbehörden oder andere Behörden kostenlose und bedarfsgerechte Schulungen digital oder vor Ort an. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an weidenberg@berlin.arbeitundleben.de .

Neue Branchenanalyse: Landwirtschaftliche Saisonarbeit und häusliche Pflege

Die Servicestelle veröffentlicht die zweite Publikation der Reihe “ZWANGSARBEIT UND ARBEITSAUSBEUTUNG VERHINDERN: Branchenspezifische Analyse – Anzeichen erkennen & handeln”.

Diese Analyse konkreter Arbeitssituationen ermöglicht es den Leser*innen, ihren Blick für branchenspezifische Merkmale von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit zu schärfen. Sie schafft damit ein stärkeres Bewusstsein für ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse. Ziel ist es, dass potenziell Betroffene leichter erkannt, entsprechende Präventions- und Schutzmaßnahmen getroffen und die Verfolgung von Täter*innen verbessert werden.

Die zweite Branchenanalyse der Servicestelle gegen Zwangsarbeit nimmt die landwirtschaftliche Saisonarbeit und die häusliche Pflege in den Blick. Dabei werden zwei Branchen untersucht, die nicht nur in Pandemie- und Krisenzeiten als systemrelevant gelten dürften. Saisonarbeiter*innen tragen wesentlich zur Lebensmittelversorgung bei und Pfleger*innen sorgen für uns im Alter. Die beiden Branchen eint, dass die Beschäftigung mit einer Isolation einhergeht. Erntehelfer*innen arbeiten in abgelegenen, ländlichen Gebieten und die häusliche Pflege findet im Privathaushalt der Klient*innen statt. Migrantische Arbeitskräfte, die vorrangig in diesen beiden Bereichen arbeiten, sind besonders vulnerabel für Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit. Aufgrund fehlender Sprach- und Ortskenntnisse sowie irregulärer Aufenthalts- oder Arbeitsberechtigungen fällt es ihnen schwer, Hilfe und Schutz zu suchen oder zu erhalten. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Mechanismen von Ausbeutung und Zwang in diesen Branchen zu beleuchten.

Anhand von Indikatoren, die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) entwickelt wurden, werden Fallbeispiele unterschiedlicher Beratungseinrichtungen auf Anzeichen für Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel untersucht. Ergebnisse der Studie zeigen, dass in den untersuchten Fallbeispielen in der saisonalen Landwirtschaft regelmäßig bereits bei der Anwerbung eine Täuschung über Wohn- und Lebensbedingungen stattfindet. In einem Fall wurden beispielsweise eine Hotelunterkunft sowie warme Mahlzeiten versprochen. Bei Arbeitsantritt in Deutschland wurden die Arbeiter*innen jedoch in Mehrbettzimmern in unhygienischem Zustand mit unzureichenden Sanitäranlagen untergebracht. Darüber hinaus erhielten sie lediglich kalte Mahlzeiten bei der Arbeit auf den Feldern.

In der häuslichen Pflege deuten extrem lange Arbeitszeiten auf Ausbeutung hin. Regelmäßig werden bei dieser Tätigkeit 24 Stunden Arbeits- und Bereitschaftszeit verlangt. Das bedeutet in der Regel, dass innerhalb dieser sehr langen Arbeitszeiten Pausen nicht gewährt und   andere als die vereinbarten Tätigkeiten verlangt werden. Vertraglich sind dabei regelmäßig weitaus weniger Stunden festgelegt und letztendlich auch entlohnt. Die niedrige Entlohnung insbesondere von real geleisteten Arbeitsstunden ist ein weiteres Anzeichen für Ausbeutung. Die daraus resultierende Lohnunterschreitung kann dabei bereits den Straftatbestand der Ausbeutung der Arbeitskraft erfüllen.

Mit der ersten Branchenanalyse hat die Servicestelle bereits für die  Anzeichen von Ausbeutung und Zwang in der Paketbranche sowie bei Schlachtbetrieben sensibilisiert. Im kompakten Format wurden die wichtigsten Erkenntnisse ebenfalls als praktische Flyer zur Paketbranche und zur Fleischbranche erstellt.

Sie können die aktuelle Publikation nachstehend herunterladen und die Printversion unter info@servicestelle-gegen-zwangsarbeit.de kostenlos bestellen.

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